Exit Through the Omiyage Shop
28.07.2020Der Wetterbericht hatte ausnahmsweise mal recht, die drei Wochen in Kyoto waren bis auf ein paar wenige Ausnahmen durchgehend verregnet. Die Regensaison hat es dieses Jahr laut Aussagen der Einheimischen ihren Job wohl etwas ernster genommen. Inzwischen hat es zwar etwas nachgelassen, trotzdem bin ich auf der ersten Etappe Richtung Niigata klitschnass geworden. Irgendwie ging die Zeit in Kyoto ging erstaunlich schnell rum, obwohl sie spektakulär Ereignislos war: Die Regenpausen habe ich für ein paar Sightseeingtouren genutzt, größere Eskapaden waren aber nicht drin. Ansonsten noch ein paar Reparaturen am Fahrrad, Vokabeln büffeln ... und die 999 Monde in Super Mario Odyssey hab ich auch zusammen.
Im Hostel ist es wie üblich auch ruhig geblieben, die paar Leute die dort wohl gerade so semi-permanent wohnen haben sich wenig blicken lassen und dazu hatte ich auch das Gefühl, dass man in Kyoto Ausländern wegen dem sonst doch eher problematisch hohen Tourismusaufkommen doch eher mit Desinteresse begegnet. Am Tag vor meiner Weiterfahrt ist die Bude dann aber doch noch voll geworden, was vermutlich eine Kombination aus 4-Tage Wochenende und der Bezuschussung von Inlandsreisen durch die Regierung war ... dass das wohl in Anbetracht der gerade im vollen Gange befindlichen zweiten Coronawelle nicht die schlauste Idee war, haben sie glaube ich aber inzwischen auch selbst bemerkt.
Kyoto (ohne Tempel und Schreine)
Kyoto ist als ehemalige Hauptstadt vollgestopft mit allerlei historischem Krimskrams. Mein Hostel lag im Bezirk Higashiyama wo es einige historische Straßenzüge gibt. Die sehen zwar schick aus, die Häuser sind aber durchgehend mit Fressbuden und Souvenirläden belegt. Etwas weiter landet man dann in Gion, dem ebenfalls historischen Geisha Distrikt, wo sich der betuchte Geschäftsleut bis heute in traditioneller Manier betüddeln lassen kann. Interessanterweise ist das ganze recht eng mit dem modernen Äquivalent verwachsen, einmal falsch (oder richtig) abgebogen und man findet sich zwischen Neonreklamen für Bars und Hostessenclubs wieder.
Trotz allem wird einem aber doch immer wieder klar, dass man in einer japanischen Großstadt ist: Überdachte Einkaufsstraßen, riesige Malls, Turm, alles da. Kyoto ist übrigens auch die Geburtsstadt von Nintendo® und ich hab es mir nicht nehmen lassen mal bei deren Hauptsitz (und Entwicklungszentrum) vorbeizuschauen. Der liegt in einem Industriegebiet zwischen irgendwelchen Recyclinghöfen und Autowerkstätten und ist mit seiner spießig grau klotzigen Langweiligkeit doch ein sehr starker Kontrast zu den Produkten. Dagegen wirkt der ursprüngliche Sitz, versteckt in einer Seitengassen in der Innenstadt, deutlich einladender.
Kyoto ist an drei Seiten von Bergen umgeben, auf denen findet sich auch der ein oder andere Wanderpfad mit anschließender Aussicht, diesmal haben die Schilder vor wilden Affen gewarnt ... mal gespannt was als nächstes kommt. Wandern kann man auch auf dem Philosophenpfad. Der heißt so weil da wohl irgendein Philosophieprofessor regelmäßig langgelaufen ist. Soll zur Kirschblüte ganz nett sein, ist aber für seinen Bekanntheitsgrad extrem unspektakulär.
Tempel und Schreine (ohne Kyoto)
Wenn man in Kyoto blind in eine beliebige Richtung läuft, wird man recht wahrscheinlich gegen einen Tempel oder Schrein rennen. Die meisten davon sind aber auch nicht außergewöhnlicher als die im Rest des Landes. Ein paar erwähnenswerte Ausnahmen gibt's aber.
Der Kiyomizu Tempel mit berühmten Holzbalkon, der ist Weltkulturerbe und deswegen vermutlich wieder zum Renovieren eingepackt ... Immerhin einen guten Blick auf die Stadt hat man von dort aus, das liegt unter anderem daran, dass der Tempel die umliegenden Grundstücke aufgekauft hat um zu verhindern, dass Hochhäuser gebaut werden. Auf dem Tempelgelände befinden sich noch weitere kleinere Schreine, Restaurants und Souvenirläden, sodass das ganze doch etwas Freizeitparkatmosphäre hat. Außerdem kommt da noch eine Quelle mit sehr reinem Wasser (daher der Name) aus dem Berg, die ist in drei Ströme aufgeteilt an denen man sich jeweils Gesundheit, Langlebigkeit oder Weisheit antrinken kann (man sollte sich aber nur für zwei entscheiden, alle drei zusammen bringen Unglück).
Im Norden der Stadt findet sich der Kinkaku-ji, der liegt in einem gut gepflegten japanischen Garten und ist ganz witzig anzuschauen weil er komplett mit Blattgold verkleidet ist und etwas surreal aus der Landschaft rausfällt.
Etwas besinnlicher ist er Fushimi Inari Schrein. Dessen Gelände umfasst einen kompletten Berg auf dem viele kleinere Schreine verstreut liegen. Das besondere daran sind die knapp 4 Kilometer Wanderpfade die durchgehend von roten Torii umschlossen sind und seit langem von Firmen und Privatleuten für bereits in Erfüllung gegangene und noch offene Wünsche gespendet werden. Hat man die ersten paar hundert Meter die alle zum Selfie machen verwenden hinter sich, kann man sich auf gut zwei Stunden atmosphärische Wanderung ohne viel Verkehr freuen.
Trainspotting
In Kyoto gibt es zwar einige Museen, so wirklich interessant schien für mich aber nur das Kyoto Railway Museum. Wegen der aktuellen Situation gibt's Karten aber nur in begrenzter Menge und nur im Vorverkauf. Heißt konkret: Man bearbeitet den Vorverkaufsautomaten im Konbini (am besten direkt gegenüber vom Museum) bis man ein Stück Papier bekommt, geht damit zur Kasse, wo es gegen ein anderes Stück Papier getauscht wird, mit dem geht's dann zum Museum um es gegen ein weiteres Stück Papier zu tauschen, welches man dann direkt wieder abgibt um in die Ausstellung zu kommen. Lohnt sich aber, das Ding ist wirklich sehr Umfangreich und bietet, neben einer beachtlichen Sammlung von Dampflokomotiven, vor allem angenehm detaillierte Einblicke in technische Details und historische Entwicklung. Sogar die Innereien eins Ticket Gates gibt es zu bewundern ... gerafft wie die Dinger in der Lage sind ein kleines Stück Papier mit annähender Lichtgeschwindigkeit über 1.5m Distanz zu befördern und dabei auch noch zu lesen was draufsteht hab ich trotzdem nicht.
Affenberg
Am westlichen Rand liegt der Arashiyama, das Gebiert um den Bergt ist zwar ein ganzes Stück von der Innenstadt entfernt, bei Touristen aber nicht minder beliebt. Zu sehen gibt's da ein paar nett angelegte Gärten und Parks, was die Leute aber in Scharen anzieht sind die paar Reststücke von natürlichem Bambuswald durch die man spazieren und, viel wichtiger, Fotos machen kann. Ich kann mich wohl echt glücklich Schätzen diesen Ort mit so wenig Leuten gesehen zu haben. Auf dem eigentlichen Berg kann man dann auch die Affen beobachten, die überall anders mit den Warnschildern beworben werden. Die sind da oben zwar auch mehr oder weniger einfach in freier Natur, haben wegen dem reichhaltigen Futterangebot aber vermutlich wenig Intention wo anders hinzugehen. Wer will kann auch selbst füttern, dazu muss man sich aber in einen Käfig sperren lassen ... irgendwie seltsam diese Menschen.





























































































