Déjà Vu, I've Been in This Place Before
12.03.2020So, da bin ich nun nach gerade mal vier Monaten schon wieder in Tokyo bzw. gerade ganz bequem im Shinkansen nach Osaka, wo ich die nächste Woche verbringen werde – also in Osaka, nicht im Shinkansen – von dort aus geht es dann weiter nach Fukuoka. Die ersten paar Tage hier waren doch mehr vom Coronavirus geprägt als ich befürchtet hatte. Fast alles an Museen und Vergnügungseinrichtungen ist zu, wirklich fast alle tragen Atemschutzmasken und Klopapier ist auch ausverkauft. Immerhin gab's im Flugzeug eine Sitzreihe pro Person als Bett und im Hostel ist es auch schön ruhig. Das öffentliche Leben selbst scheint jedoch recht wenig beeinflusst zu sein, auf den Straßen sind viele Leute unterwegs und Geschäfte, Parks und Tempel sind auch gut besucht.
Mein Hostel liegt übrigens in Bunkyo-ku, einer Partnerstadt von Kaiserslautern. Stadt? Rein rechtlich ist es ein Bezirk der ehemaligen Stadt Tokyo. Tokyo wurde 1947 formal aufgelöst und bezeichnet seither die Präfektur in der die 23 autonom verwalteten Bezirke der ehemaligen Stadt Tokio liegen ... trotzdem hat Bunkyo-ku mehr als doppelt so viele Einwohner als good ol' Lautre.
Alles zu hier
Nach einem kurzen Blick auf die ebenfalls kurze Liste der trotz Coronavirus noch geöffneten Attraktionen habe ich beschlossen mir doch erstmal eine SIM Karte mit Telefonie zu organisieren—meine aktuelle Travel-SIM kann nur Internet und läuft nach 31 Tagen aus. Praktischerweise kann man die Online kaufen und am gleichen Tag direkt in Tokyo abholen. Da es einen Abholpunkt in der Nähe des Tokyo Skytree gab, habe ich das ganze dann direkt für einen ausgiebigen Spaziergang durch die Stadt genutzt ... Wege in Tokyo sind weit aber irgendwas muss man ja gegen den Jetlag tun. Der Skytree hat natürlich momentan auch zu, aber von außen ist das Ding auch recht beeindruckend. Das ganze liegt übrigens in Asakusa, einem eher historischen Bezirk, wo der Sensoji Tempel steht. Der ist wohl halbwegs berühmt und es war gut was los. Alles in allem ist Asakusa aber doch eher sehr touristisch, viele Souvenirläden und man lässt sich gerne mit Miet-Kimono per Rikshaw durch die Gegend karren. Auf dem Rückweg bin ich dann nochmal durch den Ueno Park, auch hier war – wahrscheinlich wetterbedingt – gut was los. Da stand sogar ein Zauberkünstler rum der eine erstaunlich gut choreografierte Show hinlegte.
Tokyo bei Regen
Nachdem ich den Samstag hauptsächlich mit dem Durchstöbern diverser Second-Hand Läden in Akihabara und Shibuya verbracht habe, ging's am Sonntag zur wohl einzigen geöffneten Attraktion, dem Tokyo Tower. Als Funkturm ist er inzwischen unbrauchbar weil zu viele Hochhäuser außenrum stehen – deswegen hat man unter anderem den Skytree gebaut – trotzdem zählt er immernoch zu den bekannteren Wahrzeichen Tokyos. Ich hatte natürlich wieder die hervorragende Idee die Anreise zu Fuß zu machen und war dementsprechend bei Ankunft weitestgehend nass, das Wetter war nämlich ... nicht gut. Immerhin bot sich mir unterwegs ein recht bizarres Schauspiel: Mein Weg führte augenscheinlich durch das Regierungsviertel, wo außer einem Großaufgebot von Polizei inklusive Straßensperren und Riot-Bussen recht wenig los war. Kurz später kündigte sich dann aus der Ferne der Grund an. Die Rechtsnationalen fahren in Japan wohl gerne mit Trucks und darauf montierten Lautsprechern durch die Gegend von denen aus sie ihre Parolen brüllen. Damit sie damit nicht zu den Regierungsgebäuden und Botschaften kommen, macht die Polizei einfach schnell die Straße dicht wenn so ein Brüllauto im Anmarsch ist, lässt es eine Minute brüllen und bittet es dann höflich wegzufahren ... was es dann auch macht und zur nächsten Sperre fährt. Das ging dann auch den Rest vom Vormittag so weiter, aber immerhin wird der Verkehr jeweils nur punktuell kurz gestört. Wer mehr wissen will kann gerne mal nach Uyoku dantai suchen.
Der Tokyo Tower selbst war dann eher unspektakulär—hochfahren, rausgucken, fertig. Immerhin wurde kostenfrei Fieber gemessen. Rückzugs ging's dann durch den Yoyogi Park, eher trist bei der Jahreszeit und dem Wetter, aber es hat tatsächlich schon ein Kirschbaum geblüht ... gut erkennbar an den Instagrammern außenrum.
Winkekatzen
Montag war das Wetter wieder benutzbar, also auf zum nächsten Spaziergang. Diesmal zum Gōtokuji Tempel, der auch als Winkekatzen Tempel bekannt ist. Der liegt in einem etwas weniger dicht bebauten Teil der Stadt, knapp drei Stunden zu Fuß von meinem Hotel weg. Die erste Hälfte des Wegs hab ich deswegen dann doch den Zug genommen, die zweite Hälfte hat sich dann aber auch durchaus gelohnt: Es gibt in Tokyo mehrere so genannte 'Green Roads', das sind recht lange Fußwege mitten durch die Stadt, schön bepflanzt, mit Bach und Kunstinstallationen. Mit der angrenzenden Bebauung erzeugt das Ganze eine erstaunlich dörfliche Atmosphäre. Der Tempel selbst war recht erwartbar, gut gepflegte Parkanlage und viele Winkekatzen. Die Story dahinter ist übrigens, dass mal eine dem Tempel angehörige Katze einen Feudalherren vom Blitz rettete indem sie ihn in den Tempel gewunken hat. Seitdem bedankt man sich hier für in Erfüllung gegangene Wünsche mit Winkekatzenfiguren.
Auf dem Rückweg bin ich dann Richtung 'Nakano Broadway', einer sehr verwinkelten Mall in der es haufenweise Läden mit gebrauchtem Nerdkrams gibt und die, im Gegensatz zu Akihabara, wohl noch als Geheimtipp gilt. Und tatsächlich sind hier die Preise für gebrauchte Videospiele deutlich besser gewesen ... also hab ich mich direkt mal eingedeckt ... Corona kann kommen ... wer braucht schon Klopapier.
Raus aus der Stadt
Nachdem das Wetter am Dienstag so besch... unschön war, dass ich im Hostel geblieben bin und mich um Wäsche und Javascript gekümmert habe, war's dann Mittwoch wieder ausreichend geil um Wandern zu gehen—diesmal so richtig, mit Berg und Aussicht.
Also auf zum Berg Takao, knapp eine Stunde per Zug aus Tokyo raus. Dort gibt es diverse Wanderrouten zum Gipfel in knapp 600 Metern Höhe. Insgesamt sehr zu empfehlen, durch die vielen Routen ist jeweils wenig los, der Wald ist ruhig und beschaulich und oben gibt's ne super Aussicht auf die Metropolregion Tokyo. Apropos oben, da ist es nicht mehr ruhig und beschaulich, denn da ist eine riesige Tempelanlage zu der zwei Lifte hochführen ... sah aber dafür auch beeindruckend aus. An diversen Stellen findet man übrigens Steinfiguren mit Mützen und Lätzchen, Recherchen haben ergeben, dass damit wohl Eltern ihrer gestorbenen Kinder gedenken—mit dem Wissen erzeugt das doch eher eine bedrückende Atmosphäre.
Abends hat es mich dann noch nach Odaiba verschlagen, das ist eine künstliche Insel in der Bucht von Tokyo. Dort hin kommt man über die allseits bekannte Rainbow Brige, über die kann man auch zu Fuß, oder mit dem Fahrrad ... dann bekommt man allerdings so eine Art Parkkralle mit Rollen dran ans Hinterrad damit man auch auf jedenfall schiebt. Odaiba selbst wirkt recht modern, viele offene Plätze, breite Fußwege eine Etage weg vom restlichen Verkehr, großer Kampfroboter und fahrrerloser Bahn auf Viadukt. Ansonsten gibt's dann aber doch hauptsächlich Edel-Shoppingmalls zu sehen, und einen ziemlich geilen Blick auf die Skyline Tokyos.













































